Der Gedanke, eine Theorie atomarer Vorgange auf dem Konzept klassischer Bahnen aufzubauen, obwohl die klassische Physik im Mikroskopischen nicht mehr gilt, ging der Geburt der "reifen" Quantenmechanik um uber ein Jahrzehnt voraus: Die Bohr-Sommerfeldsche Quantisierungsregel beruht auf der Forderung nach einer eindeutigen Phase der Wellenfunktion entlang klassischer Bahnen. Von der quantenmechanisch genaugenommen unzulassigen Vorstellung von "Elektronenbahnen" kunden noch heute symbolische Darstellungen des Atoms, etwa im Logo der IAEA. Noch immer weit vor der Entwicklung der Matrizen- und der Wellenmechanik hat Einstein 1917 bereits darauf hingewiesen, dass die Bohr-Sommerfeld-Quantisierung im Falle nichtintegrabler Systeme versagt - wesentliche Eigenschaften solcher Systeme waren erst wenige Jahre zuvor durch Poincare anhand des Dreikorperproblems beschrieben worden. Aber selbst Einstein hatte keine Losung fur die Quantisierung nichtintegrabler Systeme anzubieten. Erst in den siebziger Jahren kam wieder Bewegung in dieses Gebiet, und wiederum erwies sich das Konzept klassischer Bahnen als Schlussel, allerdings von einer ganz anderen Seite her als bei der Bohr-Som-merfeld-Quantisierung: Die Energieeigenzu-stande eines Quantensystems sind adiabatische Zustande, d. h. sie bleiben, abgesehen von einer globalen Phase, unverandert in der Zeit. Das legt es nahe, Eigenzustande und -energien im Rahmen einer halbklassischen Beschreibung mit den invarianten Mannigfaltigkeiten der klassischen Bewegung in Verbindung zu bringen. Das sind diejenigen Untermengen des Phasenraums, die durch die klassische Dynamik in sich selbst uberfuhrt werden. Dazu zahlt, bei vollstandig chaotischen und damit auch ergodischen Systemen, naturlich die Energieschale. In der Tat liefert die Grosse der Energieschale eine erste, sehr grobe Information uber das quantenmechanische Spektrum, namlich seine mittlere Dichte. Aber die Energieschale lasst sich weiter in Untermannigfaltigkeiten zerlegen, die je fur sich ebenfalls invariant bleiben: periodische Bahnen, also Bahnen, die sich nach einer endlichen Periode sowohl im Ort als auch im Impuls schliessen. Auch chaotische Systeme besitzen periodische Bahnen, sie sind allerdings samtlich instabil. Die von Gutzwiller und gleichzeitig von Balian und Bloch ausgearbeitete Spurformel beschreibt, wie Korrekturterme, die jeweils einer klassischen periodischen Bahn zuzuordnen sind, die mittlere spektrale Dichte so modulieren, dass sich schliesslich (bei einem gebundenen System) diskrete Niveaus aus dem glatten Hintergrund herausheben.
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